Autor: Melanie Annaheim
Datum: 17. Juli 2005 Wetter/Temperatur: bewölkt, 28 Grad
Distanz: 1’500m Swim / 40km Bike / 10km Run
Am Donnerstag traf sich die relativ grosse Schweizer U23-EM-Delegation (3 Athleten, 3 Athletinnen, 1 Coach, 1 Physio) am Zürcher Flughafen. Gespannt machten wir uns auf die Reise Richtung Sofia / Bulgarien. In dieser für uns unbekannten Stadt angekommen, hatten wir schon den ersten Kulturschock. Man fühlte sich, als wäre man 20 – 30 Jahre zurück versetzt. Abgase stiegen in den verschiedensten Farben aus den hohen Kaminen der In-dustrie-Bezirke, die äusserst unfreundlichen Sofianer kurvten wie die Wilden in Ihren alter-tümlichen Trabis herum und die meisten Gebäude waren abbruchreif. Unsere Hoffnungen auf ein schönes Hotel wurden dann auch schon bald zunichte gemacht. Bereits aus der Ferne erblickten wir den grossen 18-stöckigen Klotz mit der abblätternden Fassade. Die Doppelzimmer verbesserten den ersten Eindruck auch nicht besonders. Doch uns blieb kei-ne andere Wahl, als das Beste aus dieser Situation zu machen! Deshalb erkundeten Anina, Nicola und ich kurz nach Ankunft den grossen Park neben dem Hotel. Und welch freudige Überraschung erwartete uns → Natur pur! Wir fanden uns wieder in einem wunderschönen Wald mit Naturwegen. Somit war die Stimmung nach dem 40 min-Footing einiges besser als zuvor. Nun waren wir auch wieder gewappnet für die nächste Prüfung – das Essen. Mit grossem Hunger bestellten wir im nächsten Restaurant Pasta. Serviert bekamen wir eher eine Tomatensuppe mit Nudeln ;-), doch es war essbar. Müde von der Reise und den vielen neuen Eindrücken ging auch dieser Tag zu Ende.
Den Freitag und Samstag verbrachten wir hauptsächlich mit schlafen, essen, massiert wer-den, lockeren Trainings, anschauen der Wettkampfstrecke, persönliche Vorbereitung auf das Rennen etc. Somit war ich froh, als am Sonntag Morgen um 05.30 Uhr der Wecker klingelte und das EM-Rennen nur noch 4.5 Stunden entfernt war. Wie immer, doch dieses mal mit Physio Tina !, machte ich zuerst mein 15 min-Footing um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Danach ging es ans Energie schaufeln. Dieses Frühstück hatte jedoch absolut gar nichts mit geniessen zu tun. Zuerst gab es einen Power-Bar, dann eine Banane und dann noch Brot mit etwas Konfitüre. Doch was sein muss, muss sein und somit wurde das Ganze wohl oder übel gegessen. Da die Wettkampfstrecke ausserhalb der Stadt lag, machten wir uns 2.5 Stunden vor dem Start auf den Weg → mit dem Rad 12km durch die Grossstadt Sofia !!! Heil angekommen (zur Erleichterung unseres Coaches…) nahm die gewohnte Wettkampfvorbereitung seinen Lauf. Leider wurde die Schweiz als zweitletztes Nation ausgelost. Somit durften wir auch erst als zweitletzte auf den Start-Pontoon und be-kamen eher einen schlechteren Startplatz. Doch zum Glück hatten wir nicht viel Zeit um über diesen eventuellen Nachteil nachzudenken. Nach einigen Minuten ertönte das Start-signal und wir stürzten uns in die 15°-warmen/kalten Fluten.
Irgendwie kam ich nicht schnell weg und war deshalb nach 250m bei der ersten Boje mitten in einem riesen Durcheinander. Es wurde geschlagen, gebissen, zurückgezogen, runter gedrückt – als ginge es um Leben und Tod! Zu allem Überfluss habe ich mich natürlich auch noch verschluckt. Schlussendlich kämpfte auch ich mich mit Brustschwumm (!!!) um
die 1. Boje. Somit war Nr. 1 von 6 geschafft :-/! Allmählich zog sich das Feld etwas in die Länge und man konnte, mit vereinzelten Zwischenfällen, normal schwimmen. Für mich war es etwas ungewohnt, als erst 10. Athletin zwischen Anina und Nicola aus dem Wasser zu kommen. Doch der Wettkampf war ja noch lange nicht zu Ende!!
Durch den kräfteraubenden Kampf im Wasser war ich zuerst so ausser Puste, dass ich zu Beginn der Radstrecke nicht mit Nicola mithalten konnte. Sie fuhr von Anfang an ein hohes Tempo, da sie die führenden Zwei aufholen wollte. Deshalb lies ich mich zurückfallen, um mit der Verfolgergruppe zu fahren. Da traf ich dann auf Anina, 2 Französinnen, 1 Hollände-rin und 1 Russin. Vor uns lagen 7 anspruchsvolle Runden mit einem „happigen“ Anstieg und einer technisch sehr schwierigen Abfahrt. Die vielen Schlaglöcher und „Glonge“ auf der Strecke erhöhten die Gefahr für Stürze zusätzlich. Schon beim ersten Anstieg fiel die Hol-länderin aus der Gruppe → da waren’s nur noch Fünf! Eine der beiden Französinnen war eine sehr starke Läuferin, deshalb durften Anina und ich bei der Führungsarbeit nicht mit-helfen (wir mussten sie von Nicola fern halten…). Obwohl ihre bösen Blicke uns immer wie-der trafen, liessen wir uns nicht aus der Ruhe bringen.
In Runde 3 hatte ich dann einen kurzen Herzstillstand! An einem Punkt traf die letzte Kurve der Abfahrt auf ein gerades Stück der Strecke. Meine Gruppe war gerade auf diesem gera-den Stück, als eine andere Athletin die Abfahrt herunter kam. Leider erwischte sie die Kurve nicht richtig und kam auf unsere Seite herüber. Natürlich donnerte sie ungebremst in die Gruppe rein. Die Russin, welche zu hinterst neben mir fuhr, fiel sofort und streifte mich da-bei. Ich kam ebenfalls ins schwanken, fand jedoch schnell wieder das Gleichgewicht. OH MEIN GOTT → das war wirklich verdammt knapp!! Mit etwas zittrigen Knien ging es wei-ter… Da unser Tempo nicht so hoch war (Nicola), schloss unsere Verfolgergruppe in der 4. Runde auf. Somit waren wir dann ca. 12 Athletinnen. In dieser Konstellation fuhren wir die Radstrecke zu Ende und wechselten auf den abschliessenden 10km-Lauf.
Ich versuchte von Anfang an auf der leicht welligen Strecke (5 Runden à 2km) mit einem kurzen Schritt zu laufen. Fühlte mich eigentlich ziemlich gut und konnte das Tempo hoch halten. Doch in Runde 4 kam dann der Hammer. Hatte das Gefühl, als würde ich an Ort laufen und nicht mehr vom Fleck kommen!! Ich wollte jedoch den aktuellen 8. Rang halten und biss deshalb auf die Zähne. Auch die letzte Runde wurde nicht leichter, doch es war ja bald zu Ende! Überglücklich, doch total erledigt, lief ich als achte Athletin und dritte (!!) Schweizerin in den TOP10 im Ziel ein! Wir vielen uns in die Arme und auch Martin (Coach) und Tina (Physio) waren total aus dem Häuschen!! Wir konnten es einfach nicht glauben, dass war ja ein riesen Erfolg und bedeutete der Team-Europameistertitel !!!! Nach dem euphorischen Zieleinlaufen und Nicola’s Siegerehrung (sie erreichte den 2. Platz), galt es unsere drei Jungs anzufeuern! Die Hoffnungen, dass unser Glück auch auf Ihrer Seite sein würde, wurde nach 2 Stunden erfüllt! Ruedi holte sich den Sieg, Charlie wurde 8. und Marc half dem Team mit seinem 35. Rang auch noch aufs Podest (2.).
Dieser erfolgreiche Tag wurde am Abend natürlich gebührend gefeiert und es wurde eine ziemlich kurze Nacht. Müde doch zufrieden reisten wir am Monatag zurück in die Schweiz, wo wir mit vielen Blumen empfangen wurden !!
Das war wieder einmal ein super Rennen und Erlebniss mit vielen spannenden und ein-drücklichen Momenten!! I ♥ TRIATHLON!
Schwimmstart
Auf den letzten KM am sterben….
Schweizer Team