Autor: Florian Hilti
In Birmingham durfte ich dieses Jahr Liechtenstein an der Hallen-Europameisterschaft vertreten. Nach meinem Einsatz in Madrid vor zwei Jahren war dies nun mein zweiter Start an einer Hallen-Europameisterschaft, und wie damals lief ich auch dieses Jahr wieder über 800m.
Bei der Anreise am Donnerstag lief leider nicht alles optimal. Auf dem turbulentem Flug musste sich mein Magen schon ziemlich zusammenreissen. Nach unserer Ankunft in Birmingham hiess es dann, dass der „big bus“ zwar im Stau stecke, aber gleich da sei. Nach zwei Stunden durften wir dann in einem Kleinbus auf dem Boden sitzen, da die Spanier im Kampf um die wenigen Sitzplätze die Nase vorn hatten. Nach der Ankunft im Hotel mussten wir schliesslich noch zwanzig Minuten zum „accreditation centre“ und wieder zurück laufen, da dies wegen der Verkehrsproblematik schneller ging. Mein Abschlusstraining vor dem Rennen konnte ich so erst um halb 9 Uhr abends und mit einem Loch im Magen absolvieren.
Beim ersten Blick auf die Startliste fiel mir auf, dass noch zahlreiche andere Kleinstaaten ihre besten Athleten teilnehmen liessen. Dies bedeutete, dass neben mir noch einige andere „Exoten“ am Start waren, so auch ein weiterer 800m-Läufer aus Gibraltar. Lee Taylor war bereits in Göteborg an der EM dabei und leistungsmässig etwa auf meinem Niveau. Mein Ziel war es ursprünglich, meine Hallen-Bestzeit zu verbessern, aber als ich sah, dass Taylor mit mir in der gleichen Serie war, wollte ich natürlich auch versuchen, nicht als letzter die Ziellinie zu überqueren.
Vor dem Wettkampf fühlte ich mich sensationell. Meine Vorbereitung am Ufer eines der zahlreichen Kanäle Birminghams absolvierte ich neben dem späteren Europameister Arnoud Okken. Das Rennen selber startete schliesslich mit etwas Verzögerung, da es beim 800m-Vorlauf der Frauen einen schlimmeren Sturz gab.
Mein Start war gut, doch leider stand ich nach 150m auf die Innenkante, mit welcher an dieser EM zahlreiche Athleten Probleme hatten. Glücklicherweise hatte dies aber keinen Einfluss auf meinen Lauf, da ich die Schmerzen am Fussgelenk erst nach dem Rennen richtig spürte. Nach einer ersten langsamen Runde in über 28“ fiel das Tempo völlig zusammen, so dass ich die 400m in ca. 61.5“ passierte. Nach 500m reagierte der spätere Silbermedaillengewinner, Miguel Quesada (ESP) als erster und rempelte die vor ihm laufenden Chamney (IRL), Repcik (SVK) und Rapatz (AUT) einfach beiseite. Auf diesen ersten Antritt konnte ich gut reagieren und blieb bis 600m knapp hinter Rapatz. Trotzdem passierte ich die 600m nicht unter 1’31“. Obwohl ich auf den letzten 200m das Tempo einigermassen halten konnte, verlor ich auf die ersten vier Läufer noch Zeit, konnte Taylor jedoch deutlich auf Distanz halten. An eine Bestzeit war bei diesem Rennverlauf natürlich nicht zu denken, doch mein Ziel, Taylor zu schlagen, konnte ich trotz der schwachen Zeit von 2.00.16 erreichen.
Im Nachhinein hab ich mich gefragt, ob ich meine Chance angesichts des extrem langsamen Tempos nutzen und an die Spitze hätte laufen sollen. Allerdings sprachen zwei Dinge dagegen: Einerseits war ich an der Innenkante eingeklemmt
und andererseits hätte ich dadurch riskiert, von Taylor überholt zu werden. So habe ich meiner Meinung nach das Richtige getan und das Beste aus der Situation und meiner im Vorfeld nicht optimalen Form.
Obwohl ich dieses Jahr unabhängig vom Schweizer Team reiste, konnten wir am Sonntag zusammen eine Bootsfahrt unternehmen. Und natürlich war ich auch im Stadion Fan des Schweizer Teams. Leider hatte nur Andreas Kundert im Vorlauf Glück, da er sich knapp für den Halbfinal qualifizierte. Danach hatten die Schweizer leider nur noch Pech. Kundert holte sich im Halbfinal eine Zerrung, die Sprinter Baumann und Weyermann schieden mit Zeiten knapp über ihren Bestleistungen jeweils schon im Vorlauf aus. Julien Fivaz fehlten nach zwei ungültigen Versuchen im Weitsprung mit 7.47m im dritten Versuch 35cm zur Finalqualifikation. Mit seiner Bestweite von 7.95m hätte es deutlich gereicht.
Das Abschlussbankett konnte zwar mit demjenigen in Madrid bei weitem nicht mithalten, doch die tolle Atmosphäre, die spannenden Wettkämpfe und vor allem die eindrucksvolle NIA (National Indoor Arena) machten die 29-sten Hallen-Europameisterschaften wahrscheinlich nicht nur für mich zu einem unvergesslichen Erlebnis.