Die Dominatorin gibt ihren Posten frei
(tob) Die zehnfache Schweizermeisterin Monika Vogel hat nach dem Abschluss dieser Saison entschieden, dass sie vom Spitzensport zurück tritt. Somit verliert der Aargau eine weitere grosse Sportlerin. Vogel war über Jahre die Dominatorin über die 800- und die 1500-Meter-Distanz.
Tobias Brutschi
Wer hätte es damals im Jahr 1988 am Stadtlauf in Lenzburg geahnt, dass das sieben jährige blonde Mädchen, welches als letzte Läuferin ins Ziel einlief, einmal eine der erfolgreichsten Leichtathletinnen des Kantons werden würde? Vermutlich nicht einmal ihre Mutter, die sie an den Stadtlauf mitnahm. Es war der Anfang der grossartigen Karriere von Monika Vogel, die ihr innert sechs Jahren zehn Schweizermeistertitel bei den aktiven Frauen einbrachte.
„Ich zwängelte damals so lange bei meiner Mutter, bis sie mich mit an den Stadtlauf von Lenzburg mit nahm“, erklärte Monika Vogel auf die Frage, wie ihre Sportkarriere begann. Doch anstatt nach dem letzten Rang enttäuscht zu sein, zeigte sich bereits da, dass sie den Sport im Blut hatte: „Ich sagte meiner Mutter nach dem Rennen, dass ich jetzt unbedingt anfangen trainieren müsse, damit ich beim nächsten Mal nicht mehr Letzte werde.“
Monika Vogel hatte Wort gehalten. Im vergangenen Sommer, also 24 Jahre nach ihrem ersten Lauf, gewann sie an den Leichtathletik Schweizermeisterschaften von Bern den Lauf über die 800-Meter und holte sich den zehnten Schweizermeistertitel bei den aktiven Frauen. „Es ist der richtige Zeitpunkt, für den Rücktritt vom Spitzensport. Es
gibt nichts Schöneres als mit einem Sieg aufhören zu können.“ (Final SM 800m Bern; Hanspeter Roos)
Fünf Aargauer Rekorde hält die Läuferin noch: über 800-, 1000-, 1500-Meter sowie mit der 3x 1000-Meter und der Olympischen-Staffel. Keine andere Sportlerin im Kanton hat mehr. Seit 2006 nach dem ersten Meistertitel bei den Frauen über 1500-Meter, gewann sie mit Ausnahme 2007 in jedem weiteren Jahr mindestens einen Schweizermeistertitel. Nur wenige Leichtathleten und Leichtathletinnen in unserem Land brachten es auf eine solche eindrückliche Sammlung von Goldmedaillen.
Doppeltes Gold in 70 Minuten
So fällt es der Frau aus Dottikon auch nicht einfach zu entscheiden, welches ihr schönstes Erlebnis war: „Alle Wettkämpfe mit der Nationalmannschaft, meine Teilnahme an der U23-oder an der Cross-Junioren-Europameisterschaften, der Start im Vorprogramm von Weltklasse Zürich und natürlich jeder Meistertitel waren für mich sehr schön.“ Trotzdem blickt sie auf einen Wettkampf sehr gerne zurück: „Die Schweizermeisterschaften im Zürcher Letzigrund waren unglaublich für mich.“ Innerhalb von 70-Minuten gewann sie den Final über 800- und über 1500-Meter. Jeder der sich schon einmal über eine dieser Distanzen versucht hat, weiss wie hoch diese Leistung einzustufen ist.
Nachdem Monika Vogel ihre Läuferkarriere bei der Laufgruppe Dottikon begonnen hatte, wechselte sie mit 16 Jahren zum BTV Aarau: „Ich wollte auf der Tartanbahn trainieren und auf die Mittelstrecken wechseln. Aus diesem Grund kam ich nach Aarau, wo ich bis 2006 blieb.“ Der Wechsel auf die 1500-Meter Distanzen bewies sich als Glücksgriff. Ab 2008 bestritt sie vermehrt auch Rennen über 800-Meter. Ihre Bestzeit über diese Disziplin liegt bei 2:03.45 und über die 1500-Meter bei 4:16.28 damit liegt sie unter den 15 schnellsten Schweizerinnen über diese Distanz überhaupt. „2007 wechselte ich zum TV Windisch, zu meinem damaligen Trainer des Aargauer Kaders, Markus Hacksteiner und seit 2012 starte ich für den TV Wohlen.“ Trainiert hat sie in den letzten Jahren auch mit dem Nationalen Leistungszentrum in Regensdorf.
„Vor allem in den ersten Elite-Jahren habe ich sehr hart gearbeitet und viel in den Sport investiert. Es gab für mich damals beinahe nur: Arbeiten, trainieren, essen und schlafen.“ Bis zu elf Trainingseinheiten absolvierte sie in einer Woche. Manchmal zwei pro Tag. Und trotzdem arbeitete Vogel immer mindestens in einem 70 Prozent Pensum. Ob sie lieber 100 Prozent auf den Sport gesetzt hätte beantwortet sie ohne zu zögern: „Nein, das wäre nicht gut für mich gewesen. Ich wollte nie etwas anderes. Ich sah den Sport als Ausgleich aber brauchte auch einen Ausgleich zum Sport.“ Dieser immense zeitliche Aufwand war aber nur dank eines guten familiären Umfelds möglich. „Meine Familie unterstütze mich immer ausgezeichnet. Ohne sie wäre das wohl nicht möglich gewesen.“
Beruf anstatt Spitzensport
Mit der Zeit wurde aber der Beruf immer wichtiger, so begann sie im Jahr 2011 die Ausbildung zu HR Fachfrau mit eidgenössischem Fachausweis. Die Abschlussprüfungen waren in diesem Herbst, was für Vogel bedeutete, dass sie während der Vorbereitung auf die Schweizermeisterschaften zusätzlich die Belastung der Prüfungen zu bewältigen hatte. Doch die Powerfrau schaffte auch diese Hürde souverän und bestand beide Aufgaben mit Bravour.
Nach dem Rücktritt vom Spitzensport soll vor allem eines im Mittelpunkt stehen: „Ich möchte das tun, wozu ich Lust habe.“ Sie freue sich auch darauf, nicht mehr den ganzen Sommer den Wettkämpfen nach zu gehen und stattdessen wandern, schwimmen und biken zu können. Auch der Garten und das Haus, gibt so einige Arbeit. Ob sie nun eine Karriere als Strassenläuferin startet, ist noch offen: „Ich bin gern an Strassenläufen und wenn ich Zeit und Lust habe, werde ich sicher an solchen teilnehmen. Man kann nicht sein Leben lang Laufsport betreiben und dann auf einmal damit aufhören.“
Eine weitere grosse Karriere einer Aargauer Leichtathletin geht somit zu Ende. Es wird schwierig werden, das Loch, das Monika Vogel hinterlässt zu stopfen, so dass auch im nächsten Jahr wieder eine Leichtathletin aus dem Aargau einen Schweizermeistertitel gewinnen kann.