Autor: Mirco Zwahlen
Fotos: www.athletixs.ch / www.deinsportmoment.ch / Stefan Marti
Hauptprobe für die EM
Der LC Frauenfeld geniesst in der Schweiz den Ruf als bester Organisator von Schweizermeisterschaften. Nach 2003 legten sie in diesem Jahr sogar noch einen Zacken zu und sorgten als EM-Hauptprobe für äusserst würdige Meisterschaftsverhältnisse. Mit 2 Brücken über die 400m Bahn, eingegrenzten Zuschauerbereichen im Innenfeld sowie grossen zusätzlichen Tribünen wurde alles für die Attraktivität unserer Sportart gemacht.
Damit alles genau wie an der EM abläuft mussten die Athleten und v.a. auch die Trainer auch einige zusätzliche Strapazen auf sich nehmen. Der Stellplatz 1 war nämlich gut 10 Minuten zu Fuss vom Stadion entfernt, von dort ging es für die Athleten mit einem Shuttlebus zum Stadion. Halt genau wie dann in 2 Wochen an der EM und somit für alle ein wenig Grossanlass-Feeling. Für die Trainer war es da schon etwas schwieriger, mussten sie doch zu Fuss
hin und her wenn sie noch beim Einlaufen letzte Tipps geben wollten. Im Stadion wurde alles von den 4 EM Speakern kommentiert und sämtliche EM-Kampfgerichte waren im Einsatz. Z.T. gab es dadurch mehr offizielle als Athleten!
Freitag
Doch nun zum Sportlichen. Der LCR war mit einer relativ kleinen Delegation von 7 AhtletenInnen vertreten. Am Freitag bestritt Bianca Lüssi bei besten äusseren Bedingungen den Hochsprung. Ihr gelang mit jeweils im ersten Versuch übersprungenen 1.55m und 1.60m ein idealer Einstieg. Die 1.65m riss sie dann dreimal und so musste sich Bianca mit Rang 13 begnügen. Die übersprungenen 1.60m sind fürs 2014 Saisonbestleistung.
Mit Sämi Jost und Delia Durgauhee gingen über die 400m zwei LCR-LäuferInnen an den Start. An der letztjährigen SM blieb Sämi erstmals unter 50 Sekunden, in diesem Jahr hat er nach einer Verletzung aber noch nicht dieselbe Form erreicht. Mit 51.00 Sekunden konnte auch er eine Saisonbestzeit notieren lassen. Mit der Zeit ist er trotzdem nicht ganz zufrieden, aber das Gefühl auf der Zielgerade war bereits deutlich besser als in den letzten Wochen.
Delia Durgauhee startete zum ersten Mal an einer Aktiv-SM. Für sie war eine Finalquali von Anfang an kein Thema, es galt in erster Linie Erfahrungen für die Zukunft zu sammeln. Delia startete in der 2. Vorlaufserie und traf dort u.a. auf die 800m-EM-Hoffnung Selina Büchel. Sie liess sich nicht einschüchtern und lief in 60“75 nur 3 Hundertstel über ihrer PB.
Nun war die Zeit an den Vorläufen der Mittelstreckler. Rebekka Leistner machte über 1500m den Anfang. In dieser Saison mit viel Verletzungssorgen hatte sie noch gar kein Rennen bestritten. Rebekka lief die ersten 1000m gut mit, musste dann jedoch abreissen lassen und musste das Rennen schliesslich aufgeben. Benedikt Bünz lief in seinem 15er Vorlauf zu Beginn in den vordersten Positionen mit, auf der Schlussrunde kam dann aber der Hammermann – auch für ihn bedeutete der Vorlauf Endstation.
Joëlle Flück liess in ihrem 800m-Vorlauf nichts anbrennen und kontrollierte das Rennen von A bis Z. Die zweite Runde von der Spitze aus laufend, hielt sie allen Angriffen dagegen und gewann ihre Serie souverän in 2’14.53“.
Für Martin Knill sind diese Meisterschaften etwas ganz Spezielles. Erstens hat er angekündigt, dass dies die letzte Einzel-SM für ihn sein wird und zudem ist für ihn Frauenfeld natürlich wie zu Hause! Dies wurde vom Speaker auf gebührend gewürdigt, zudem ertönte vor dem Start sein Lieblingsleid aus den Lautsprechern. Gänsehautfeeling… Nach einigen verkorksten Rennen zeigte sich Martin taktisch geschickt und endschnell. Er behielt die Nerven auf der Gegengerade und befolgte Gian‘s Anweisung erst auf den letzten 100m das letzte Hemd auszupacken. In 1’53.96“ kam er auf den 2. Rang welcher der direkten Finalquali entspricht.
Mit 2 Finalqualifikationen und 2 Saisonbestleistungen darf die LCR Delegation mit dem Freitag sicherlich zufrieden sein.
Samstag – 2 Medaillen
Leider hatte Petrus kein Mitleid mit den Athleten, Zuschauern und den Organisatoren. Praktisch den ganzen Samstag schüttete es was das Zeugs hält! Wir Läufer haben zwar auch lieber Sonnenschein jedoch waren die Techniker sicherlich die Hauptleidtragenden. Der Stabhochsprung der Frauen musste letztlich gar abgebrochen werden. Und so manche Topleistung wäre vielleicht noch etwas besser ausgefallen.
Arlette Meier-Hunger stand zum unglaublichen 20.! Mal in den letzten 22 Jahren an der Startlinie an einer SM. Sie war auch für die erste Medaille des LCRs besorgt. Im Steeple-Rennen der Frauen erreichte sie Silber unter den leider nur 3 gestarteten. Auf den ersten 1000m lief sie zusammen mit den Konkurrentinnen, danach war es eine etwas einsame Angelegenheit. Arlette konnte die 2. Position jederzeit sicher behaupten und lief in 10:58.48 ins Ziel. Angesichts dessen dass dies der erste Bahnwettkampf dieses Jahres war und sie mit einer Erkältung an den Start ging, ist sie mit der gelaufenen Zeit und dem Rang zufrieden.
So richtig emotional wurde es beim 800m Final der Frauen. Joëlle Flück durfte sich aufgrund der Ausgangslage durchaus Hoffnung auf ihren ersten SM Titel machen. Zusammen mit Stefanie Barmet galt sie als Favoritin auf den Titel. Auch im Rennen lief die Neo-Schweizerin Pamela Märzendorfer (die letzten ca. 10 Jahre immer ausser Konkurrenz für Österreich am Start) die offenbar seit Donnerstag vor der SM offiziell titelberechtigt ist. Nur wusste dies keine ihrer 7 Finalkonkurrentinnen vor dem Start! Auf der Startliste stand als Nationalität ebenso AUT wie sie auch vom Stadionspeaker mehrfach als Österreicherin ausgerufen wurde.
Die erste Runde wurde relativ langsam in knapp 68“ absolviert. Joëlle immer in den vordersten Positionen. Auf der Gegengerade zieht dann Pamela an, erste Verfolgerin ist Joëlle. Bis wenige Meter vor dem Ziel sieht es so aus als ob Joëlle den 2. Platz und somit den vermeintlichen SM-Titel halten kann, wird dann aber noch um 21 Hundertstels von Stefanie Barmet abgefangen. Die Enttäuschung über den verpassten Titel ist natürlich gross, umso mehr als dann Pamela im Ziel ihren Konkurrentinnen mitteilt, dass die nun Schweizerin ist und somit den Titel geholt hat!
Eine solche Unsportlichkeit habe ich selber noch nie erlebt und kaum für möglich gehalten! Wenn es der Verband schon verpasst hat, die Teilnehmerinnen offiziell spätestens am Stellplatz zu informieren, so wäre es selbstverständlich die Aufgabe der Athletin, ihre Konkurrenz vor dem Start ins Bild zu setzen. Somit hat sie sich aber einen Vorteil gegenüber allen anderen verschafft. Bei Meisterschaftsrennen wird v.a. auf die direkte Konkurrenz geachtet, ein Rennen wird dadurch klar verfälscht, weil auf einen Angriff von Athleten ausser Konkurrenz nicht gleich reagiert wird wie bei Schweizern.
Aus Protest gegen dieses unsportliche Verhalten verzichteten Joëlle und Stefanie auf eine Teilnahme an der Siegerehrung.
Alles in allem eine Broncemedaille für Joëlle und eine Menge Wut und Frust im Bauch!
Zum Schluss war es dann an Martin, seinen wahrscheinlich letzten SM Final zu laufen und zu geniessen. Mitten im Feld lief er die erste Runde und konnte kurz vor der 400m-Marke an der Innenkante mit einem Vorstoss an die Spitze preschen. Die Zwischenzeit von knapp unter 60“ verdeutlichte, dass es ein äusserst taktisches Rennen wird und das Tempo bis zu diesem Zeitpunkt nicht sehr hoch war. Einem Steigerungslauf ähnlich ging nun aber die Post ab. Auf der Gegengeraden gelang Martin ein zweiter Innenvorstoss an die Spitze des Feldes. Damit hatte er sein Pulver aber etwas zeitig verschossen und büsste auf der Zielgeraden dafür umso mehr. In 1’56.78“ wurde er schliesslich 8. Es wären sicherlich etwas mehr drin gelegen aber Martin hat alles versucht und ein besonders angriffiges Rennen gezeigt.
Nun gilt es für alle AthletenInnen, in der zweiten Saisonhälfte nochmals einige schnelle Zeiten auf die Bahn zu legen, um dann gut vorbereitet an den Nachwuchs-, Staffel- und Team-SM weitere Medaillen abzuräumen…